Das Leben in der Kleinstadt, Beschaulichkeit, behütete Idylle, ein bisschen Dorf. Menschen begegnen sich. Auf Bahnhöfen, Wäscheplätzen und Kleingartenwegen endet, was nie richtig begann. Oder es beginnt etwas, von dem man sich wünscht, dass es bleiben möge. Diana Kokot erzählt Geschichten über das scheinbar Alltägliche - gut beobachtet, berührend, humorvoll, manchmal ironisch. Wie Sand in einem Stundenglas läuft unbemerkt das Leben, die Zeit, verändert die Beziehungen der Menschen.
Textauszug:
Er stand am Fenster und sah hinauf zum Mond. Vor einer Stunde hatte es zu schneien begonnen. Seither stand er da und starrte in den Himmel. Die Straße war menschenleer. Nur ab und an fuhr ein Auto langsam um die Ecke. Dann sah man die feinen Schneeflocken im fahlen Licht der Scheinwerfer zur Erde schweben.
Ich hätte es ihr längst sagen sollen, dachte er. Warum habe ich es nicht schon eher getan? Ich wollte es doch schon gestern, vorgestern. Den ganzen November über wollte ich es ihr sagen. Einmal hätte ich es fast geschafft.
Er erinnerte sich plötzlich an jenen Sonntag. Ein kalter Nebeltag, an dem es sowieso nichts mehr zu verderben gab. Wenn man randvoll ist mit Traurigkeit, erträgt man es leichter, wenn noch ein bisschen mehr Schmerz dazukommt. Nicht viel, nur ein bisschen. Gerade mal drei Worte: 'Es ist vorbei.'
Das bringt das Herz doch nicht zum Stocken. Das kann man doch noch ertragen, viel eher als diesen schlimmen Satz 'Ich liebe dich nicht mehr.'
