Schenkmann und Ich
28. August
Es fällt schwer, an die Komplexität einer Welt zu glauben, von der man nur 15 Quadratmeter Krankenhaus, wenige Birken und ein Stück blauen Himmel kennt.
Warum ich hierbleibe: zur Beobachtung, sagt Dr. Baumgärtner. Körperlich fehlt es mir an nichts – bleibt allein der Mangel an Wahrheiten. (Die Schwester hat wieder einen Apfel gebracht. Ich habe ihr gesagt, sie soll ihn selbst essen.)
Über Deutschland ist der Himmel leer – wo soll man suchen? Eine moderne Vorstellung: die zwei Himmel. Für unsere Vorfahren hat es nur einen gegeben, der natürliche Himmel als Spiegel des imaginierten, der Blitz als Pfeil aus dem Köcher ihres Gottes. Der deutsche Himmel schießt nur mehr selbst …
Schenkmanns Redaktionsleiter war da, ein untersetzter Mann mit braunem Lockenkranz. Ich solle gesund werden – natürlich –, das sei das Wichtigste. Aber ich müsse auch die journalistische Herausforderung sehen: Gedächtnisverlust im Selbstversuch, das lasse sich verkaufen. Meine Frage: Was denn sei, wenn ich kein Interesse an Schenkmanns Posten hätte, hat er überhört. Sein Beitrag zu meinem Ausschnitt von der Welt: Margeriten. Und zu den äußeren Wahrheiten: einige meiner Artikel, offenbar ist Schenkmann im Politikressort. Die schwitzige Hand und die Fistelstimme des Redaktionsleiters konterkarieren den guten Namen seiner Zeitung.
Angenommen, ich war Schenkmann und wollte wieder Schenkmann werden: Muss ich dann politisch sein? Was kann sich ein Mensch subtrahieren, ohne sich selbst die Wurzel zu ziehen? Warum war Schenkmann ein politischer Mensch (so er es denn war)? Was lernen wir über Schenkmann, indem wir erfahren, dass über seinen Artikeln ‚Politik’ steht?
Angenommen, ich war Schenkmann und wollte wieder Schenkmann werden: Muss ich dann politisch sein? Was kann sich ein Mensch subtrahieren, ohne sich selbst die Wurzel zu ziehen? Warum war Schenkmann ein politischer Mensch (so er es denn war)? Was lernen wir über Schenkmann, indem wir erfahren, dass über seinen Artikeln ‚Politik’ steht?
Zweifelhaft: Die Zuverlässigkeit äußerer Wahrheiten – darf man Träume zu den inneren zählen?
Der Traum der letzten Nacht:
Szene: Im Schloss. Ein festlicher Ballsaal, Kronleuchter an der Decke, es spielt ein Orchester zum Tanz. Schenkmann, Claus, Anne, Dr. Baumgärtner, eine schöne Unbekannte, der Ministerpräsident von Hessen.
SCHENKMANN (zu Anne, sich leicht verneigend): Darf ich um diesen Tanz bitten, Gnädigste?
ANNE (errötend): Ich dachte bereits, Sie fragten mich nie. (beginnen zu tanzen)
CLAUS (zu Dr. Baumgärtner): So kenne ich meinen Bruder gar nicht. Diese Leichtigkeit und Eleganz, und das bei seiner Größe. Was meinen Sie, Herr Doktor?
DR. BAUMGÄRTNER: Die Erfahrung der Praxis lehrt uns, dass sich unter der Schädeldecke mehr verbirgt, als auf den ersten Blick sichtbar wäre. Gerade die Amnesie bietet uns Gelegenheit, tiefe Einblicke in das Bewusstsein eines Menschen zu erlangen. Und so erweist sich doch oft, dass auf Dinge zu stoßen nicht ausbleibt, die niemand vermutete. Es geht hier um ein Sich-Selbst-Nicht-Erkennen, das den vollen Wortsinn ausschöpft. (Der hessische Ministerpräsident kommt mit der schönen Unbekannten heran, Schenkmann und Claus lösen sich von Anne und Dr. Baumgärtner und laufen den beiden entgegen.)
DIE SCHÖNE UNBEKANNTE (küsst erst Schenkmann, dann Claus): Guten Abend. (Schenkmann nimmt seine Maske ab.)
CLAUS (staunend): Du? Ich meine: Ich? Wie … aber … Wenn du ich bist, wer bin dann ich? (zieht seine Maske ab)
ANNE (die herbeigekommen ist, zu Claus): Dacht’ ich’s mir doch, dass du Max bist.
CLAUS: Ich bin nicht Max. (reißt Anne die Maske vom Gesicht; hervor kommt die schöne Unbekannte)
Szene: Im Schloss. Ein festlicher Ballsaal, Kronleuchter an der Decke, es spielt ein Orchester zum Tanz. Schenkmann, Claus, Anne, Dr. Baumgärtner, eine schöne Unbekannte, der Ministerpräsident von Hessen.
SCHENKMANN (zu Anne, sich leicht verneigend): Darf ich um diesen Tanz bitten, Gnädigste?
ANNE (errötend): Ich dachte bereits, Sie fragten mich nie. (beginnen zu tanzen)
CLAUS (zu Dr. Baumgärtner): So kenne ich meinen Bruder gar nicht. Diese Leichtigkeit und Eleganz, und das bei seiner Größe. Was meinen Sie, Herr Doktor?
DR. BAUMGÄRTNER: Die Erfahrung der Praxis lehrt uns, dass sich unter der Schädeldecke mehr verbirgt, als auf den ersten Blick sichtbar wäre. Gerade die Amnesie bietet uns Gelegenheit, tiefe Einblicke in das Bewusstsein eines Menschen zu erlangen. Und so erweist sich doch oft, dass auf Dinge zu stoßen nicht ausbleibt, die niemand vermutete. Es geht hier um ein Sich-Selbst-Nicht-Erkennen, das den vollen Wortsinn ausschöpft. (Der hessische Ministerpräsident kommt mit der schönen Unbekannten heran, Schenkmann und Claus lösen sich von Anne und Dr. Baumgärtner und laufen den beiden entgegen.)
DIE SCHÖNE UNBEKANNTE (küsst erst Schenkmann, dann Claus): Guten Abend. (Schenkmann nimmt seine Maske ab.)
CLAUS (staunend): Du? Ich meine: Ich? Wie … aber … Wenn du ich bist, wer bin dann ich? (zieht seine Maske ab)
ANNE (die herbeigekommen ist, zu Claus): Dacht’ ich’s mir doch, dass du Max bist.
CLAUS: Ich bin nicht Max. (reißt Anne die Maske vom Gesicht; hervor kommt die schöne Unbekannte)
Am Himmel: Weiße Wolken jagen eine schwarze. Kann man sich von einer Vergangenheit verfolgt fühlen, die man nicht kennt? Kommunikation: Da ich keinen Wärter habe, erzähle ich meinem Papier. Was mich langweilt: dass es keine Fragen stellt. Papier ist geduldig.